Pfarrkirche Weitersfeld zum hl. Martin

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Bauwerk

Die Kirche erhebt sich weithin sichtbar auf einem Hügelrücken über dem Ort und gehört zu den Mutterpfarren des Waldviertels. Der Bau macht einen massigen Eindruck. Von der romanischen Kirche ist nichts mehr zu sehen. Das Presbyterium stammt vom gotischen Vorgängerbau, vermutlich Ende des 14. Jahrhunderts, jedoch ist von den Chorfenstern das gotische Maßwerk, wahrscheinlich in der Barockzeit, abgeschlagen wor­den. Südseitig, im Winkel zwischen Chor und Langhaus, erhebt sich der wuchtige, mittelalterliche Turm mit schmalen Fensterschlitzen, was auf eine Wehrkirche hindeutet. 1721 ist der Turm um 1/3 erhöht und ein Helm aufgesetzt worden.

Nach dem Brand von 1880 wurde 1887 eine neue Turmhaube aufgesetzt, auf den neuen Glockenstuhl wurden fünf neue Glocken aufgezogen und die Uhr am Turm montiert. 1728-1731 wurde das Kirchenschiff um 2/3 vergrößert, den Bestand des mittelalterlichen Langhauses hat man dabei in den barocken Umbau einbezogen und zwei Seitenschiffe angebaut. Die Kirche erhielt damit ihre jetzige Größe und stellt sich nun im Inneren als dreischiffiges Langhaus mit höherem Mittelschiff und niedrigeren Seitenschiffen dar. Rundbogen­arkaden geben den Blick in die Seitenschiffe frei.

Hochaltar

Der Hochaltar (Abb. auf der Umschlagrückseite) wurde 1774 errichtet, mit einem ungemein prächtigen, phantasievollen, vielgliedrigen Aufbau, freistehendem Altartisch und Opfergangsportalen. An der Vorderseite das fürstlich khevenhüllersche Wappen. Die Familie Khevenhüller-Metsch übte von 1731 bis 1935 das Patronatsrecht aus. An der Tabernakeltür Relief mit der Opferung Isaaks, darüber im Strahlenkranz das Lamm Gottes auf dem Buch mit den sieben Siegeln. Links und rechts je ein adorierender Engel, sechs Kerzenleuchter auf dem Altartisch. In einem prächtigen Goldrahmen das Altarbild: Maria, auf den Wolken thronend, Jesus auf dem Schoß, reicht dem vor ihr knienden hl. Dominikus den Rosenkranz. Ein Engel breitet einen Kranz von weißen Rosen über seinem Haupt. Das Bild, mit einer duftigen, pastösen Farbgebung, ist von guter Qualität. In der rechten unteren Ecke ist ein kleiner Hund mit einer brennenden Fackel zu sehen. Dies geht auf die Legende zurück, die Mutter des hl. Dominikus hätte vor seiner Geburt den Traum gehabt, sie berge in ihrem Leib ein Hündchen, das eine brennende Fackel im Mund trägt und damit nach seiner Geburt die ganze Welt in Brand setzt. Links und rechts des Bildes, vor den kannelierten Pilastern, stehen zwei große, in ihrer Haltung schön geformte, farbig bemalte Statuen: links die hl. Anna, rechts der hl. Joachim, die Eltern der Gottesmutter.

Über den Altar verteilt, auf Blech gemalt, in kleinen Medaillons, sind die 15 Geheimnisse des Rosenkran­zes zu sehen, so beispielsweise über dem Altarbild die Passion Christi: Geißelung, Dornenkrönung, Kreuz­tragung; links und rechts von den knienden Engeln sind Christus am
Ölberg und die Kreuzigung darge­stellt.

Das Oberbild zeigt den hl. Martin, den Kirchenpatron, in seinem bischöflichen Ornat, wie er vor dem göttlichen Heiland kniet, der mit halbem Mantel des einstmals römischen Kriegers bekleidet ist und mit der rechten Hand zum Himmel weist. Der Altar wurde im Herbst 1908 renoviert, „die Bilder Dominikus und Martin restauriert, die 15 Medail­lenbilder neu gemacht, die Marmorierung neu gemacht ... der Hochal­tar neu vergoldet." Wortlaut geht nicht eindeutig hervor, ob die Rosen­kranzbilder neu gemalt oder ob sie restauriert wurden. Ersteres dürfte wahrscheinlich der Fall sein.

Zur Anschaffung des Altars hat wohl die Rosenkranzbruderschaft finanziell erheblich beigetragen. Weil der hl. Dominikus nicht nur Ordens­stifter, sondern auch Verbreiter des Rosenkranzgebetes war, hatten die Dominikaner das Privileg, eine Ro­senkranzbruderschaft einzusetzen. Die Pfarrgemeinde wandte sich des­halb an den Prior der Dominikaner in Retz. In dessen Schreiben, in dem das Einverständnis zur Gründung ausgedrückt wird, heißt es über Dauer, Sinn und Zweck der Bruderschaft u. a.: „... so lang die Welt stehet und dise löbl. Pfahr Kürchen Weitersfeldt, bey der rechten wahren Catholisch Religion verbleiben wird,... zu sonderbahrn Trost der Pfahr Kündter, zu besserung des Lebens (Ausrottung?) der laster, Und erlangung der Seeligkeit." 1716 wurde die Bruderschaft vom Bischof von Passau genehmigt, sie blühte auf, erhielt von mehreren Päpsten Ablässe und wurde von Kaiser Joseph II. im Zuge seines Reformprogrammes in den achtziger Jahren des 18. Jahrhun­derts aufgehoben. Wieder ins Leben gerufen hat sie die Pfarre im 19. Jahrhundert, aber sie hatte bei weitem nicht mehr so viele Mitglieder wie ehedem. Daneben gab es im 19. Jahrhundert noch fünf weitere kirchliche Vereine, meist marianischer Prägung.

Der Volksaltar ist am 6. November 1994 von Bischofsvikar Prälat Dr. Alois Hörmer konsekriert worden. Der St. Pöltener Bildhauer Prof. ROBERT HERFERT hat ihn aus Salzburger Marmor in Anlehnung an die Liebestat des hl. Martin, die Teilung des Mantels für einen Bettler, entworfen: „Was ihr den Geringsten eurer Brüder an Gutem getan habt, das habt ihr auch mir getan." Im Fuß des Altares ist der helle Mantel erkennbar; darauf ruht die fast zwei Tonnen schwere Tischplatte = Mensa. Aus demselben Material ist das Lesepult = Ambo hergestellt, an dessen Stirnseite eine Wolke zu erkennen ist, ein Symbol für den aus der Wolke sprechenden Gott. Vom selben Künstler stammen auch Kupferkreuz und Glasfenster in der Auf­bahrungshalle (1982). Im Altarraum steht noch ein schöner „Chorstuhl" mit Intarsien und einem vergoldeten Rocaillenaufsatz, der das Wappen der Khevenhüller-Metsch trägt. In diesem bis heute „Fürstenstuhl" genannten Sitz nahm die Patro­natsherren-Familie beim Gottesdienst Platz.

Außerdem stehen auf Konsolen an den Wänden vier lebensgroße spätbarocke Apostelstatuen: Petrus, Paulus, Philippus und Johannes. Die Reihe der Apostel setzt sich im Langhaus fort, sodass alle 12 zu sehen sind. Zwei sehr plastisch reliefierte Rittergrabsteine aus der Zeit der Renaissance fallen besonders auf, weil sie sehr schön und sorgfältig gearbeitet sind. Der eine 1577 für „Gebhardt. Welzer. gnand. / ein. Herr. zue. Bruzendorff ... / lag. bei. dem. Erbfeind. auch gefangen. / in Eysen. hart geschmidet ein ... / schloss. seine. Augen. tödtlich. zue. / Gott. verleich. im.die ewig. Rhue." Der zweite für Ritter Schnekenrat, gestorben 1547, und seine „edel. dugendhaft. Fau Margaretha". Beide Steine sind dreigeteilt: oben der Text, dann die Wappen und unten mit Eisenpanzer, Hammer und Schwert die männliche Gestalt, mit porträthafter Darstellung des Gesichtes. Sie sind aus rotem Marmor geschlagen und stammen vom Bildhauer JÖRG OEDER aus Eggenburg.

Seitenaltäre

Der erste Altar, rechts an der südlichen Triumphbogenwand, zeigt eine barocke Kreuzigungsgruppe mit Maria und Johannes. Der zweite, im rechten Seitenschiff, wird Familienaltar genannt. Man sieht in der Mitte die Gruppe der „Hl. Familie". Im Aufsatzbild ist der hl. Florian dargestellt, der von den vergoldeten Figuren des hl. Franziskus (links) und des hl. Antonius von Padua mit dem Jesuskind (rechts) flankiert wird. Auf dem Gesimse vier weitere Statuen von Ordensheiligen: links Heinrich Suso und Franz Xaver, rechts Benedikt von Nursia und Thomas von Aquin.

Auf dem Altar links an der nördlichen Triumphbogenwand sieht man das Pestkreuz, links und rechts stehen die Pestpatrone Sebastian und Rochus. Im linken Seitenschiff befindet sich ein spätbarocker viersäuliger Altar aus marmoriertem Holz mit barockem Auf­satzrelief, das Gottvater in den Wolken, umgeben von Engeln, darstellt. Im Zen­trum Lourdesmadonna und Michaelbild. Dieser Altar war ehemals der Pestaltar, geschmückt mit den Pestheiligen Rosalia, Sebastian, Rochus und der Gottesmutter.

In diesem Seitenschiff steht noch der achtseitige, spätgotische Taufstein in Kelchform. Zum Pestkreuz eine Erklärung: Die Geschichte solcher Pestkreuze geht auf das Konzil von Trient zurück. Dort brach während des Konzils 1546 die Pest aus. Die Konzilsväter haben daraufhin die Verehrung des Kreuzes, das vom hl. Zacharias, Bischof von Jerusalem unter der Regierung des byzantinischen Kaisers Herakleios (575-641, Kaiser seit 610), gegen die Pest errichtet wurde, als wirksames Gegenmittel empfohlen. Diesem Kreuz des Zacharias nachemp­funden, wurde das Weitersfelder Kreuz HI. Bartholomäus im Pestaltar errichtet. Was bedeuten die Kreuze und Buchstaben auf diesem Kreuz? Jedes Kreuz soll einen Gebets­vers darstellen, der sich auf das Kreuz bezieht, und jeder Buchstabe ist der Anfang eines kleinen Gebetes, das um die Abwendung der Pest bittet. Vor der bischöflichen Generalvisitation 1828 konnte niemand dieses Kreuz deuten. Eine Erklärung dazu kam 1830 vom bischöflichen Konsistorium an das Weitersfelder Pfarramt. Im Mittelschiff befinden sich noch die weiteren acht sehr qualitätvoll gearbeiteten, barocken Apostelfiguren auf Konsolen: Thomas mit Lanze und Buch, Jakobus der Altere mit Pilgerstab, Hut und Muschel, Thaddäus mit Buch, Jakobus der Jüngere mit Buch, Andreas mit griechischem Kreuz, Simon mit Säge und Winkelhaken, Bartholomäus mit abgezogener Haupt­haut in der Hand, Matthias mit Beil. Alle mit Spiritualität und Askese ausdrückenden Gesichtern und beeindruckender, lebendiger Körperhal­tung (um 1730).

Orgel

Am 1. August 1802 unterzeichnete der Wiener Orgelmacher ANTON PFLIEGLER, der zuvor die Instrumente für Stift Altenburg und Maria Dreieichen gefertigt hatte, den Vertrag über die „neu herzustellende Kirchenorgel" für unsere Pfarrkirche, die 1020 Gulden kostete und mit genauer Disposition angeführt war. 13 Register auf 2 Manualen und Pedal. Im Juni 1922 baute in dieses Gehäuse die Orgelbauanstalt Gebrüder MAURACHER aus St. Florian bei Linz ein neues, mit röhrenpneumatischer Spiel- und Registertraktur gesteuertes Werk mit 11 Registern ein. Die Prospektpfeifen im stillgelegten Brüstungswerk sollen noch die originalen Zinnpfeifen von 1802 sein.
Die Orgel wurde 1992 von OBM FRANZ WINDTNER aus St. Florian instand­gesetzt. Zugleich wurden die Gehäuseteile marmoriert und die Schnitz­werke vergoldet.
Alexander Weiger

Quelle: Kirchenführer der Pfarrkirche zum hl. Martin in Weitersfeld. (Kirchenführer bestellen)

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